Der österreichische Philosoph Karl Popper wurde einmal gefragt, ob er sich vorstellen könnte, dass etwas Schreckliches wie der Holocaust in der Geschichte der Menschheit nochmal vorkommen könnte. Er hat schlicht geantwortet: „Ja, denn ich kenne mich.“
Er war sich bewusst, dass jeder Mensch zu allem fähig ist. Auch wenn wir es uns nicht gerne eingestehen, im Potenzial jedes Einzelnen und jeder Einzelnen ist alles enthalten. Das ganze Spektrum von allen möglichen Opferrollen bis hin zu allen denkbaren und undenkbaren Täterschaften. Erst wenn wir uns eingestehen, dass wir zu allem fähig sind, sind wir auch fähig, uns für das zu entscheiden, was die Welt ein Stück heilsamer machen kann. Erst wenn wir unser eigenes kriegerisches Potenzial annehmen, können wir Frieden schaffen.
In der Ablehnung oder Leugnung einer potenziellen Täterschaft, verdrängen wir einen Teil, der davon nicht weggeht. Ganz im Gegenteil: Verleugnete und verdrängte Anteile haben die unangenehme Eigenschaft, dass sie wieder zum Vorschein kommen. Denn auch sie wollen geheilt werden. Vielleicht ein kleiner Denkanstoß in politisch aufgeladenen Zeiten und Terrorbedrohung. Ich kann alles sein. Und entscheide mich bewusst immer wieder neu.
Die Fragen bleiben dabei immer wieder die gleichen:
Wie gut kenne ich mich?
Wozu bin ich fähig?
Wofür entscheide ich mich jetzt?