Ich gebs zu, manchmal bin ich richtig genervt. Manchmal auch ein wenig ängstlich oder traurig. Manchmal erwarte ich etwas von anderen - das ich nicht kriege - und bin enttäuscht. Manchmal hinterfrage ich alles.
Ich glaube gar nicht, dass sich diese Gefühle auf die äußeren Umstände oder gar Corona beziehen. Vielleicht nicht mal auf die Beschränkungen, die mein Leben gerade hat. Vermutlich wären diesen Gefühle auch sonst da. Ich könnte sie nur leichter und schneller wieder wegschieben. Jetzt muss ich sie aushalten. Und merke, dass sie auch wieder vorübergehen.
Vielleicht ist diese Zeit auch eine gute Gelegenheit für einen inneren Hausputz. All das Gespeicherte darf sich mal zeigen. Das heißt aber noch lange nicht, dass ich es aus dem psychischen Keller wieder heraufräume und die Mitte meiner heutigen Seelenwohnung stelle. Ich kann es - mehr oder minder - liebevoll betrachten, vielleicht abstauben, manches in eine Kiste packen, damit ich es später nochmal anschauen kann und manches freundlich entsorgen. Die seelische Müllabfuhr funktioniert ja weiterhin - so wie die äußere.
Allerdings ist mir dabei immer eines klar: Die Gefühle, die sich da so zeigen, haben nicht unbedingt mit meiner heutigen Wirklichkeit zu tun. Die meisten der Gefühle kommen aus der Vergangenheit, sind gespeichert und gelagert - und suchen eben jetzt auch ihre Entsprechung. Ich glaube nicht, dass es die Zeit für schnelle Entscheidungen ist. Natürlich ist es eine gute Zeit so manches zu hinterfragen. Oder Entscheidungen, die vorher schon getroffen wurden, umzusetzen.
Aber aus dem momentanen Gefühlschaos heraus würde ich keine weitreichenden Entschlüsse fassen. Wenn der psychische Keller wieder aufgeräumt ist, der Staub sich gesetzt hat, dann ist oft von selbst vieles wieder klarer.