Selbstmitleid

Manchmal kann ich es so richtig. Ich suhle mich in meinem Selbstmitleid. Vielleicht klappt etwas grade nicht so, wie ich es mir vorstelle. Oft geht etwas einfach nicht schnell genug. Oder ich kann aus einer Situation nicht aussteigen, obwohl ich es gerne möchte. Meist geht es nicht um die wirklich großen Dinge, sondern einfach um kleinere Ärgernisse, die sich ansammeln oder mich aufhalten.

Dann kommt der innere Anteil in mir zum Vorschein, der genau auf solche Gelegenheiten wartet. Ich nenne diesen Anteil den „ärmsten Menschen auf der ganzen Welt.“ Klingt nur ein wenig übertrieben, oder :-)
Aber von Zeit zu Zeit gönne ich mir, auch diese Seite von mir zu leben. In einem begrenzten Raum, denn schließlich will ich schon auch wieder etwas verändern können. Doch hat sich sehr bewährt, dem Selbstmitleid genügend Aufmerksamkeit zu geben. So darf ich - je nach Anlass - mal ein paar Minuten lang oder sogar einen ganzen Abend so richtig arm sein. Das braucht natürlich entsprechende Streicheleinheiten. 
Noch schöner ist es, wenn auch unterstützende Menschen in meiner Umgebung dazu beitragen, dass sich mein Selbstmitleid gut gestreichelt fühlt. Ich spüre richtig, wie sich das innerlich aufgestellte Fell wieder glättet. 
Und nachdem ich mein Selbstmitleid so richtig gut genährt habe - ich stell es mir grad so wie eine Karikatur von Kater Garfield vor - dann schläft es mal eine Runde. Und interessanterweise ist es nach dem Aufwachen meist schon viel beruhigter und kleiner geworden. Dann dürfen meine anderen Anteile - die meist viel konstruktiver mit der Situation umgehen können - wieder aktiv werden: der Optimismus, die Kreativität und manchmal einfach nur das Wissen, dass es immer noch irgendwie weitergegangen ist. Und das hab ich mir selbst schließlich schon eine ganze Weile lang bewiesen.