Es gibt Menschen, die punktgenau wissen, wo ich zu treffen bin. Maßgeschneidert sagen sie bestimmte Sätze oder sagen eben genau dort nichts, wo ich etwas zu hören hoffe. Die wiederholte Kränkung sitzt tief.
Der Ursprung meines Schmerzes sitzt noch tiefer. Denn die gerade erlebte Kränkung aktiviert etwas, das wohl seit Jahrzehnten in mir schlummert. Die Verletzung kommt nicht aus dem Jetzt. Das gerade Vorgefallene ist nur die Spitze des Eisberges. Nach einer Weile des Gekränkt-Seins kann ich mir das wieder bewusst machen.
Der Mensch, der mich verletzt hat, ist nur ein Auslöser für eine Erinnerung, die es in mir gibt. Eine Verletzung, die schon lange darauf wartet, geheilt zu werden. Wenn ich auf den anderen böse bleibe, wird nichts heilen. Ganz im Gegenteil, ich streue damit etwas Salz in meine unverheilten Wunden.
Erst wenn ich die Rolle des Anderen als Erinnerung sehe, als Möglichkeit meine Kränkung in mir selbst zu heilen, komme ich einen Schritt weiter. Ich nehme meinen Schmerz an, fühle hinein und gebe mir selbst das Mitgefühl, das ich von anderen erwartet hätte.
Und siehe da, es wird leichter. Kränkung und Schmerz lassen nach. Etwas heilt von innen heraus. Und dann gibt es im Außen gar nicht mehr so viel nachzutragen oder zu verzeihen.