In der Aufstellungsarbeit gibt es das schöne Wort „Kontextüberlagerung“. Damit ist gemeint, dass Menschen sich in emotional herausfordernden Situationen mit anderen Zusammenhängen oder sogar mit anderen Personen "verwechseln“.
Im Konflikt mit einem Arbeitskollegen kommen plötzlich Themen mit den eigenen Geschwistern durch, im Gespräch mit dem Finanzamt die uralte Angst vor Autoritäten… und wer hat noch nicht erlebt, dass manchmal eine Aussage aus dem Mund rutscht, die mehr zu den eigenen Eltern gehört?
Unsere Identität ist ein Konglomerat aus verschiedensten Anteilen und Einflüssen. Läuft alles rund, so gibt es eine gute Steuerung durch unser bewusstes Selbst, das all die inneren Anteile in einer harmonischen Abstimmung hält. Im Fall von Konflikten, emotionalen Krisensituationen oder einfach nur erhöhtem Stress wird der innere Fokus enger und wir reagieren nicht mehr ganz so ausgewogen. Wir verwechseln das Gegenüber mit Personen aus einer anderen Zeit oder lassen Themen und Erinnerungen aus unserer eigenen Geschichte die Regie übernehmen.
Dass das alles nicht besonders hilfreich ist, merken wir meist erst im Nachhinein. Hat sich die Luft wieder etwas geklärt und wir schauen bewusst auf den Konflikt oder das Thema, so ist uns selbst unsere eigene Reaktion manchmal nicht so ganz klar. Ich kenne es zumindest von mir selbst, dass ich überreagiere und es mir später dann fast auch noch peinlich ist. Um die Peinlichkeit abzuwehren könnte ich mein Verhalten auch noch verteidigen oder mich noch stärker für meine vermeintlichen „Rechte“ einsetzen. Oder ich könnte mir bewusst machen, dass ich wohl wieder mal etwas verwechselt habe. Kann ich das sogar meinem Gegenüber zugestehen, ist der Weg zur versöhnlichen Kommunikation schon wieder viel leichter.