Wenn ich mir als Kind weh getan habe, habe ich oft den Spruch gehört „Bis du heiratest, ist es wieder gut“. Das war durchaus gut gemeint und eine andere Form vom bekannten Sager „Die Zeit heilt alle Wunden“.
Ich hab nie geheiratet und die Zeit hat auch nicht alle Wunden geheilt. Die Zeit hat so manche Wunde in den Hintergrund treten lassen und ich hab sie vergessen oder verdrängt. Bis eine nächste Gelegenheit, eine Aussage, eine Handlung, eine Zurückweisung… die Wunde wieder aufgerissen hat. Meist habe ich die Wunde dann mit dem konkreten Anlass oder dem konkreten Menschen in Verbindung gebracht. Dieser Mensch hat mich verletzt und ich habe den Schmerz auf diese Person bezogen.
Dabei ist es eigentlich meine eigene Wunde, die zum Vorschein kommt. Eine Wunde, die nur von innen heraus heilen kann. Solang sie nicht geheilt ist, wird sie sich immer wieder eine Möglichkeit suchen, um auf sich aufmerksam zu machen.
Ich nutze also die Zeit und nehme mir den Raum, um meine Wunden zu pflegen. Damit sie mich wachsen lassen und in geheilter Form auch geheilte Erfahrungen in mein Leben ziehen.