Ich glaube, wir sind uns einig: Um Konflikte zu lösen und ein gutes Miteinander zu ermöglichen, braucht es achtsame Kommunikation. Leider scheint das nicht überall möglich zu sein – wenn ich die Nachrichten lese, persönliche Erzählungen bekomme oder manchmal auch mir selbst zuhöre, wird deutlich, dass dieses Thema weit komplexer ist, als es auf den ersten Blick scheint.
Wir alle haben blinde Flecken, festgefahrene Muster oder unbewusste Prägungen, die eine wirklich wertschätzende Kommunikation erschweren können. Doch genau deshalb lohnt es sich, immer wieder bewusst hinzusehen und hinzuhören.
Achtsame Kommunikation braucht „Gleichwürdigkeit“. Diesen schönen Begriff hat der bekannte dänische Familientherapeut Jesper Juul für die Gesprächsbasis in der Familie geprägt. Nicht alle haben die gleiche Rolle oder Aufgabe, doch alle sind gleichermaßen berechtigt, gehört zu werden. Gleichwürdigkeit bedeutet, einander auf Augenhöhe zu begegnen, unabhängig von Alter, Erfahrung oder Status. Es geht nicht darum, dass jeder immer Recht hat, sondern darum, dass jeder sich als wertvoller Teil der Gemeinschaft fühlen kann – ob in der Familie, im Freundeskreis oder am Arbeitsplatz.
Die Familie ist der Ausgangspunkt für so vieles und zugleich ein wunderbares Lernfeld, das uns ein Leben lang begleitet. Hier lernen wir nicht nur, wie wir mit anderen sprechen, sondern auch, wie wir mit uns selbst sprechen. Die Worte, die wir als Kinder hören, formen oft die innere Stimme, die uns durchs Leben begleitet. Wer in einer wertschätzenden Umgebung aufwächst, kann leichter Mitgefühl mit sich selbst entwickeln – aber auch wer diese Erfahrung nicht gemacht hat, kann bewusst neue Wege gehen. Achtsame Kommunikation beginnt immer bei uns selbst: in der Art, wie wir mit unseren Gedanken umgehen, wie wir uns selbst hinterfragen und wie wir uns erlauben, menschlich und unperfekt zu sein.
Auch wenn es nicht immer gelingt, können wir jeden Tag aufs Neue versuchen, gleichwürdig und freundlich zu bleiben – mit anderen und mit uns selbst.